Checkliste: Kann ich während des Fernstudiums mit Unterstützung rechnen?

Bitte nicht stören!

Ein Fernstudium ist i.d.R. mindestens eine Doppelbelastung. Die meisten Fernstudenten sind Vollzeit berufstätig und absolvieren ihr Studium in ihrer Freizeit. Viele von ihnen haben einen Partner, Kinder oder andere Verpflichtungen, sodass ein nebenberufliches Fernstudium den Alltag ganz schön auf den Kopf stellen kann.

Um im ohnehin schon stressigen Arbeits- und Berufsalltag überhaupt die Zeit zum Lernen zu finden, muss man grundsätzlich bereit sein, das Privatleben vor allem während Prüfungsphasen drastisch einzuschränken. Der Partner, die Familie und gute Freunde bekommen diese Veränderungen natürlich hautnah mit. Während Lernphasen hat man nun mal nicht immer Zeit, etwas mit der Familie zu unternehmen, sich mit Freunden zu treffen oder gemeinsamen Hobbys nachzugehen.

Die Frage, die sich an dieser Stelle stellt ist: Wie reagiert mein Umfeld auf die Veränderungen, die ein Fernstudium mit sich bringt? Und kann ich während des Fernstudiums mit Unterstützung rechnen?

Das Fernstudium als Belastung für Familie und Freunde

Wenn man auf dem Ego-Trip wäre, könnte man meinen, das Fernstudium gehe nur einen selbst etwas an. Schließlich bleiben die komplette Studienorganisation und das Lernen an einem selbst hängen. Freunde und Familie können an dieser Stelle wenig ausrichten oder unterstützend unter die Arme greifen.

Als Eigenbrötler, der total isoliert von der Außenwelt alleine in seiner Wohnung lebt, kann man sich solch eine Einstellung auch durchaus leisten. Doch all diejenigen, bei denen auch noch andere Menschen des näheren Umfelds, wie Partner, Kinder, Familienangehörige und Freunde den Alltag mitbestimmen, sind auf deren Unterstützung angewiesen. Warum? Weil das Fernstudium nicht nur den eigenen Tagesablauf verändert, sondern auch in den Alltag der Menschen eingreift, die einem nahe stehen.

Dabei können die Veränderungen, die mit einem Fernstudium einhergehen, durchaus eine Belastung für Familie und Freunde darstellen. Wenn man bedenkt, dass man für ein Teilzeitstudium pro Woche etwa 15-20 Stunden seiner Freizeit „opfern“ muss, so ist es nicht schwer zu erkennen, dass diese Zeit an anderer Stelle fehlt. Schließlich hat der Tag nach wie vor nur 24 Stunden, was einem bei Aufnahme eines Fernstudiums noch intensiver bewusst wird.

Es ist logisch, dass Partner, Familie und gute Freunde in dieser Zeit zurückstecken müssen. Und mit „dieser Zeit“ sind nicht einige Tage oder Wochen gemeint, sondern mehrere Jahre, die ein akademisches Fernstudium nun mal dauert. Gemütliche Fernsehabende mit dem Partner, Wochenendausflüge mit der Familie und Treffen mit Freunden werden seltener. Selbst bei einer guten Studienorganisation und einem ausgefeilten Zeitmanagement wird man für seine Lieben nach Beginn eines Fernstudiums nicht mehr so viel Zeit aufbringen können, wie zuvor. Das trifft jedoch nicht nur auf die gemeinsamen Freizeitaktivitäten, sondern auch auf die alltäglichen Verpflichtungen, wie Hausarbeit, Kinderbetreuung, Einkäufe, Kochen, familiäre Termine etc. zu.

Daher sollte man die Entscheidung für oder gegen ein Fernstudium nicht auf eigene Faust treffen, sondern stets die Personen mit einbeziehen, die es letztendlich auch etwas angeht. Der Knackpunkt an der Sache ist, dass sowohl die Familie, als auch man selbst vorher oft gar nicht abschätzen kann, was da wirklich auf einen zukommt.

Zuerst sind womöglich alle ganz begeistert von der Idee, sich weiterbilden zu wollen. Man selbst schwelgt vor der Zusendung der ersten Studienmaterialien natürlich auch noch in Anfangseuphorie. Doch wenn es dann ans Eingemachte geht und die Bearbeitung der Einsendearbeiten oder die stressige Prüfungsphase bevorstehen, ist von Unterstützung oft nicht mehr viel zu spüren. Denn dann wird es vor allem für die Familie noch stressiger, da man noch  weniger Zeit für andere Verpflichtungen und Aktivitäten hat.

In Anbetracht der langen Studienzeit und der Belastung für Partner, Familie und den Freundeskreis stellt sich die Frage: Kann ein Fernstudium ohne deren Unterstützung überhaupt gut gehen?

Ohne Unterstützung geht es nicht!

Ein Fernstudium erfordert viel Zeit. Zuallererst kann und sollte man natürlich anfangen, die erforderliche Zeit zum Lernen durch Reduzierung von Zeiträubern (z.B. Fernsehen, Surfen etc.), mehr Disziplin (z.B. durch früheres Aufstehen) oder durch Abstriche bei den eigenen Hobbys aufzubringen. Doch reicht das wirklich aus? Nicht immer. Und schon jetzt ist man auf die Unterstützung von Familie und Freunden angewiesen. Es ist eine große Entlastung für jeden Fernstudenten, wenn es Menschen gibt, die einem unter die Arme greifen.

Neben finanziellen Förderungsmöglichkeiten und der Unterstützung vom Arbeitgeber (z.B. durch Zuschüsse, flexible Arbeitszeiten oder mehr Urlaubstage), ist für das Gelingen eines Fernstudiums vor allem die Hilfe der Familie entscheidend. Für den Arbeitgeber stellt die berufliche Weiterqualifikation meist eine Win-Win-Situation dar, da er ja irgendwann selbst davon profitiert, sodass sich seine Unterstützung für ihn auszahlt. Zwar kann auch die Familie später von einem Fernstudium profitieren (z.B. durch beruflichen Aufstieg, mehr Gehalt etc.), allerdings nur indirekt. Während der Studienzeit muss das nähere Umfeld vor allem zurückstecken und mit mehr Stress und Verpflichtungen rechnen.

Wenn der Partner, die Familie und der Freundeskreis kein Verständnis zeigen, wird es äußerst schwer, das hohe Lernpensum neben Job, Haushalt und Hobbys zu stemmen. Ohne Rücksichtnahme und Unterstützung von Familie und Freunden kann ein Fernstudium schnell zum permanenten Reizthema werden, das in Frust und Streitereien resultiert. Das ist natürlich keine gute Motivationsgrundlage und kann auf Dauer zum Abbruch des Studiums führen.

Bitte nicht stören!Viel besser ist es doch, wenn man auf seine Liebsten zählen kann und in stressigen Lernphasen durch Übernahme von anderen Aufgaben und Verpflichtungen entlastet wird. Auch sollte man vor Aufnahme des Studiums sicherstellen, dass man einen Rückzugsort hat, an dem man ungestört und konzentriert lernen kann. Das nähere Umfeld sollte auf die selbst gesetzten Termine Rücksicht nehmen und in dieser Zeit nicht stören.

Es ist wichtig, dem Freundes- und Familienkreis klar zu machen, dass die selbst gesetzten Termine genauso wichtig sind, wie fremdgesetzte Termine, z.B. durch feste Vorlesungspläne an der Uni. Wenn man dann keine Zeit für den Partner oder Freunde hat, weil Lernen auf dem Terminplan steht, bedeutet das nicht, dass einem die Person unwichtig ist, sondern, dass man „arbeiten“ muss. Lernt man im häuslichen Umfeld ist dies für nahestehende Personen oft eine große Umstellung, da man ja zuhause ist und zum Lernen nicht an einen anderen Ort fährt. Manchmal kann es sogar sinnvoller sein, das Lernen auszulagern (z.B. in die Uni-Bibliothek), was durch die Fahrtwege wieder man einem erhöhten Zeitaufwand verbunden ist. Besser ist es natürlich, wenn die Familie Rücksicht nimmt und man zuhause ungestört lernen kann.

Wer in seinem Fernstudium motiviert am Ball bleiben und erfolgreich sein möchte, muss in dieser stressigen Zeit eng mit Partner, Familie und engen Freunden zusammenarbeiten.

Was ist wenn Familie oder Freunde gegen das Fernstudium sind?

Es kann auch sein, dass der Partner, die Familie oder der Freundeskreis negativ zum anvisierten Projekt Fernstudium eingestellt sind. Hierbei ist es wichtig, die Gründe für die ablehnende Haltung herauszufinden, denn oftmals stecken Ängste und Befürchtungen dahinter, die nicht immer unberechtigt sind. Schließlich ist ein Fernstudium eine mehrjährige Extremsituation, die auch auf den Familien- und Freundeskreis Auswirkungen hat.

Der Partner könnte z.B. befürchten, man würde aufgrund des hohen Zeitaufwands deutlich weniger Zeit für die Beziehung haben. Auch die Familie könnte meinen, man würde sich mit dem nebenberuflichen Studium zu viel zumuten und andere Arbeiten und Verpflichtungen vernachlässigen, bzw. auf sie abschieben. Dasselbe gilt für Freunde, für die man dann ebenfalls weniger Zeit hat.

Fakt ist: Diese Ängste und Bedenken sind nicht völlig aus der Luft gegriffen, sondern im Rahmen eines Fernstudiums durchaus Realität. Sind Familie und Freunde also gegen das Fernstudium, sollte man die Bedenken ernst nehmen und diskutieren. Womöglich schafft man es, den Familien- und Freundeskreis zu überzeugen oder die Gegenargumente, die man vielleicht anfangs gar nicht sehen möchte, überwiegen wirklich. So gesehen ist ein offenes Gespräch über das geplante Fernstudium immer der richtige Weg.

Zunächst sollte man vorab ganz offen mit Partner, Familie und Freunden über seine Pläne sprechen und um Verständnis und Unterstützung bitten. Die Chance, auf ein Entgegenkommen nahestehender Personen steigt, wenn man im Gespräch nicht nur auf mögliche Probleme aufmerksam macht, sondern auch die Vorteile des Studiums herausstellt. Diese könnte z.B. eine höhere Zufriedenheit, ein besserer Job und ein höheres Gehalt sein. Wird der Nutzen des Fernstudiums deutlich, wird es dem Partner und der Familie leichter fallen, den Verzicht zu akzeptieren und unterstützend einzugreifen.

Auch im Freundeskreis sollte man deutlich machen, dass man in Zukunft zwar weniger Zeit haben wird, den Kontakt aber weiterhin, womöglich intensiver, pflegen möchte. Gute Freunde werden nicht sauer reagieren, wenn man abends nicht mit ihnen ausgeht, sondern einen tatkräftig bei der Realisierung seiner Ziele unterstützen. Manchmal trennt sich an dieser Stelle die Spreu vom Weizen, sodass man für sich selbst die Auswahl treffen muss, auf welche Kontakte man verzichten kann und welche man weiterhin pflegen möchte. Einige „Freunde“ brechen jedoch von selbst den Kontakt ab, sobald man ein paar Mal ein Treffen abgesagt hat, sodass sich diese Arbeit erübrigt.

Ähnlich wie beim Arbeitgeber, der bei einer „Win-Win-Situation“ eher bereit für Unterstützungsleistungen ist, sollte man auch mit der Familie und dem privaten Umfeld „Deals“ aushandeln und sie ins Fernstudium einbeziehen. Dies könnte in Praxis z.B. so aussehen, dass man sich abfragen oder einfach an die selbst gesetzten Lernzeiten erinnern lässt. Wenn dort jemand ist, der die Einhaltung der Lernziele überprüft, kann sich das sehr motovierend auswirken. Auch ist es aufbauend, wenn man in Tiefphasen aufmunternde Worte erhält, die einen zum Weitermachen ermuntern. Eventuell gibt es im Freundes- oder Familienkreis sogar Experten, mit denen man sich über fachliche Inhalte austauschen oder um Rat fragen kann.

Im Gegenzug zur Unterstützung kann man die freie Zeit mit dem Partner, der Familie und Freunden noch intensiver gestalten und z.B. etwas besonders unternehmen, bzw. auf die Wünsche der Liebsten eingehen. Je enger man das nähere Umfeld mit einbezieht, umso schneller und besser wird die neue Situation angenommen.

Fazit

Die Aufnahme eines Fernstudiums ist nicht nur ein großer Einschnitt im eigenen Leben, sondern wirkt sich auch auf den Familien- und Freundeskreis aus. Um dem hohen Zeitaufwand gerecht zu werden, ist Verständnis und Unterstützung vonseiten nahe stehender Personen unerlässlich.

Vor allem die Personen des häuslichen Umfelds, wie Partner, Kinder und andere Familienangehörige müssen sich für einige Jahre auf eine Extremsituation einstellen, die mit deutlich weniger gemeinsamer Zeit und evtl. auch mehr Verpflichtungen, z.B. bei der Hausarbeit und Kinderbetreuung, verbunden ist.

Ist wäre daher unangebracht, das Fernstudium als Ego-Projekt zu betrachten und ohne Rücksicht auf Verluste auf eigene Faust durchzuziehen. Da Freunde und Familie i.d.R. unmittelbar von den Veränderungen betroffen sind, sollte man diese auch in die Entscheidung einbeziehen.


In einem offenen Gespräch gilt es Vor- und Nachteile abzuwiegen, den Nutzen des Fernstudiums herauszustellen, aber auch Ängste, Bedenken und Befürchtungen des näheren Umfelds ernst zu nehmen. Da diese meist nicht unberechtigt sind, kann es u.U. sogar besser sein, sich rechtzeitig gegen das Studium zu entscheiden, als wenn man es nach einigen Semestern und viel investierter Zeit und Kosten, abbrechen müsste.

Sollte die Entscheidung für das Fernstudium ausfallen, kann dieses Weiterbildungsvorhaben nur als Gemeinschaftsprojekt funktionieren. Ob Unterstützung im Haushalt, bei der Kinderbetreuung, den Einkäufen oder aufmunternde Worte und Hilfestellungen beim Lernen – All diese Entlastungen wirken sich motivierend aus und tragen zum Erfolg des Fernstudiums bei. Auch Rücksichtnahme beim Lernen ist wichtig. Denn je konzentrierter und ungestörter man ist, umso intensiver kann die Lernzeit genutzt werden. Das seigert die Effektivität und trägt zu einem schnelleren Lernfortschritt bei. Vorteil: Umso mehr Zeit bleibt für Familie, Freunde und Hobbys.

Der Freundes- und Familienkreis sollte sich zwar darauf einstellen, dass man weniger Zeit für sie haben wird, die Beziehungen darunter aber nicht leiden oder gar zerbrechen müssen. Eine gute Zeitplanung ist in dem Fall Gold wert, um Job, Studium, Hobbys, Familie und Freunde unter einen Hut zu bekommen. Wahre Freunde werden auch diese Umstellung akzeptieren und nicht sauer reagieren oder den Kontakt gänzlich abbrechen. Auch wenn die Zeit knapper wird und einige vermeidliche Freunde auf dem Weg zum Abschluss scheiden mögen, so wird man schnell sehen, dass man die wenige zur Verfügung stehende Zeit mit den Liebsten viel intensiver erfährt.

Über den Autor

Alicia
Hier schreibt Alicia, 36 aus dem schönen Geesthacht an der Elbe. Im WS 2010/11 habe ich ein WiWi-Fernstudium an der Fernuni-Hagen begonnen - Und bereits nach 18 Monaten erfolgreich abgebrochen. Die Gründe: Eine voreilige Entscheidung, berufliche Veränderungen und die Einsicht, dass nicht jeder der geborene Fernstudent ist. In meinem Blog berichte ich über persönliche Erfahrungen, Eindrücke, Probleme und Fragen aus meiner Fernstudienzeit, sowie allgemeine Informationen und News rund um das Thema Fernstudium und wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge. Mein Ziel ist es, Studieninteressierte bei ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen, damit das Projekt Fernstudium auch ein nachhaltiger Erfolg wird.

2 Kommentare zu "Checkliste: Kann ich während des Fernstudiums mit Unterstützung rechnen?"

  1. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, das es ohne Unterstützung nicht geht. Freunde und Familie sind da schon sehr wichtig, aber auch die Unterstützung des Arbeitgeber ist wichtig.

    Meine Chefin hat gleich gesagt, das ich ihr sagen soll wann ich frei brauch und dann regelt Sie das. Das fand ich super nett und es sind immerhin pro Modul 1 Prüfung und 2 (freiwillige)Termine . Auch gibt Sie mir vor den Prüfungen bessere Schichten oder mal einen Tag frei zum lernen. Das hilft schon eine Menge.

    Bei meinen Freunden und Familie sag ich immer wann ich Prüfungen habe und das ich die Wochen davor keine Zeit habe. Dafür unternehme ich aber in den Semester Ferien mehr mit denen.

  2. Hey lomomo,

    vielen Dank für deinen Kommentar. Du hast echt Glück mit deiner Chefin, ich finde es super, wenn der Arbeitgeber Rücksicht nimmt und auf den Fernstudenten eingeht. Das erleichtert die Sache ungemein!

    Auch die Rückendeckung der Familie ist meiner Meinung nach enorm entscheidend, denn wenn der Partner stresst oder die Familie die Idee nicht unterstützt, kann das auf Dauer sehr demotivierend sein.

    Man ist ohnehin schon auf sich alleine gestellt, da wirkt etwas Rückendeckung von den Lieben beflügelnd! Ich finde es gut, dass du auch die Erfahrung gemacht hast, dass es ohne Unterstützung nicht geht. Das Einbeziehen nahestehender Personen gehört zur Entscheidung für oder gegen ein Fernstudium definitiv dazu.

    Viele Grüße,

    Alicia

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