Fernstudium und Arbeitgeber

Gestern habe ich einen interessanten Artikel im „Sprachrohr“ – Der Zeitschrift der Studienrendenschaft der FernUni Hagen – gelesen. Er trug den Titel „Vollzeit- oder Teilzeitstudium – Geld oder Zweckfrage?“. Bei dem Artikel ging es u.a. darum, wie Teilzeitstudierende (ich bin ja auch einer ;)), ihr Fernstudium vor dem Arbeitgeber und Kollegen vertreten.

Generell ist es meist so, dass alle Fernstudierende vor der Herausforderung stehen, mehrere Aufgaben unter einen Hut zu bekommen, sei es Familie, Berufsleben, Hobbys etc. Ansonsten gäbe es schließlich keinen Grund, ein Fernstudium, statt ein Präsenzstudium zu wählen. Die meisten Berufstätigen entscheiden sich für ein Teilzeitstudium, da ein Fernstudium ansonsten kaum mit einer stressigen 40-Tage-Woche zu verbinden ist. Ich wollte mein Wiwi-Fernstudium anfangs auch in Vollzeit durchführen, musste mich jedoch schnell eines Besseren belehren lassen, als ein netter Mitarbeiter der Fernuni mich darauf hingewiesen hat, dass ein Vollzeit-Fernstudium neben einem Vollzeitjob nicht zu schaffen ist. Ich habe es dann auch relativ schnell eingesehen…

Sabine Siemsen schreibt in ihrem Artikel, dass sie von vielen Studierenden weiß, dass diese ihr Fernstudium

„deshalb am Arbeitsplatz verheimlichen, weil sie Nachteile befürchten, wenn das bekannt würde. Andere wiederum studieren mit Unterstützung – oder sogar auf Wunsch ihres Arbeitgebers.“

Auf meiner eigenen Sicht kann ich nur berichten, dass ich davon überzeugt bin, dass Arbeitgeber ein Fernstudium zu schätzen wissen. Warum auch nicht? Natürlich bedeut ein Fernstudium eine Doppelbelastung, wenn es neben dem regulären Arbeitsalltag absolviert wird. Jedoch bin ich der Meinung, dass der Fernstudent selbst in der Verantwortung steht, vor einem Fernstudium zu überprüfen, ob er mit den damit verbundenen Belastungen zurechtkommen kann. Ich habe mir auch eingebildet, ein Vollzeitstudium zu schaffen, habe letztendlich jedoch auch eingesehen, dass ich mir damit viel zu viel Arbeit aufbürden würde und mein Job womöglich darunter gelitten hätte.

Auch wenn der Anreiz für Weiterbildungsmaßnahmen vom Arbeitgeber kommt, sollte man diese in erster Linie für sich selbst machen. Ansonsten läuft man Gefahr, die Motivation und das erforderliche Durchhaltevermögen zu verlieren. In meinem Fall hatte ich selber den Wunsch, ein weiteres Studium zu absolvieren. Ich habe dies von Beginn an auch offen mit meinem Chef kommuniziert. Er äußerte zwar zu Beginn auch Bedenken, weil er befürchtete, dass die Arbeit darunter leiden könnte, aber auch darüber muss gesprochen werden. Da ich mein Fernstudium jetzt in Teilzeit absolviere und nach der Arbeit, bzw. an den Wochenenden lerne, sehen er und ich keine Probleme in Bezug auf die Qualität der Arbeitsleistung. Im Gegenteil: Eine forsa-Studie des ILS hat gezeigt, dass die viele Arbeitgeber das Weiterbildungsengagement ihrer Mitarbeiter sogar konkret unterstützen, z.B. durch zusätzliche Urlaubstage oder Beteilung an den Studiengebühren.

Und in punkto finanzielle Unterstützung sind wir an einem Punkt, der noch einmal genauer beleuchtet werden will. Im Prinzip ist es ja super, wenn der Arbeitgeber sich an den Studiengebühren beteiligen oder diese sogar vollständig übernehmen will. Jedoch läuft man hier schnell Gefahr, in eine Art Abhängigkeitsverhältnis zu geraten, mit dem nicht jeder umgehen kann. Denn dadurch entsteht, wie Sabine Siemsen in ihrem Artikel schreibt

„zusätzlicher Druck, denn nicht nur die eigenen Ansprüche, sondern auch die des Chefs wollen erfüllt werden. Sicherlich ist auch das Durchhalten hier eine noch höhere Anforderung, wenn man weiß, im Fall des Scheiterns oder Aufgebens sind davon nicht nur die eigene Zufriedenheit, sondern auch Aufstiegschancen oder unter Umständen sogar der Erhalt des Arbeitsplatzes gefährdet.“

Ich würde jetzt vielleicht nicht ganz soweit gehen, um zu sagen, dass man seinen Arbeitsplatz gefährdet, wenn man sein Fernstudium nicht auf die Reihe bekommt, kann mir jedoch gut vorstellen und auch verstehen, wenn solche Ängste auftreten. Dies hängt jedoch auch sehr stark von der Unternehmensstruktur, den Vorgesetzten, Kollegen/Mitbewerbern und letztendlich auch der eigenen Persönlichkeit ab.

Ich habe mich bewusst dafür entschieden, mein Fernstudium vollständig selbst zu finanzieren. Auch ich wollte mich in kein Abhängigkeitsverhältnis zu meinem Chef begeben, welches mich zusätzlich unter Druck setzten könnte. Auch möchte ich mich nicht für schlecht Noten etc. rechtfertigen müssen. Ich weiß, dass ich über meinen Chef vergünstige Konditionen an einer privaten Fernhochschule hier in Hamburg hätte erhalten können. Dies wäre deutlich bequemer für mich gewesen, schließlich hätte ich auch nie zu Prüfungen extra nach Hagen fahren müssen. Und ich hätte direkt einen Masterstudiengang starten können, welcher zu meinem Erststudium der Wirtschaftspsychologie passt. Jedoch hätte dies genau das Abhängigkeitsverhältnis bedeutet, welches ich nicht eingehen wollte.

Zudem befürchte ich, dass die vergünstigen Konditionen wahrscheinlich immer noch zu teuer für meinen Geldbeutel gewesen wären. 😉

Ich denke, beim Fernstudium ist es, wie mit allen Dingen, die nicht einfach sind und Motivation und Durchhaltevermögen erfordern: Die Kraft muss aus dir selbst kommen. Und alles, was einen daran hindern könnte, sein Ziel konsequent zu verfolgen, sollte im besten Fall bereits vorher ausgeschlossen werden.

Darum habe ich mich für ein Fernstudium an der Fernuni Hagen entschieden. Ich habe mich für ein Studium entschieden, bei dem ich wieder klein (mit dem Bachelor) anfangen muss, um in 7,5 Jahren mein Studienziel – einen Masterabschluss – zu erreichen. Das Fernstudium wird auf diese Weise zwar viel länger dauern, als wenn ich es über die Kontakte meines Chefs hätte laufen lassen, dafür weiß ich aber, dass es mein ganz eigenes Fernstudium ist, das ich vollständig selbst bezahle und nur für mich mache. Und das ist meine größte Motivation.

Über den Autor

Alicia
Hier schreibt Alicia, 36 aus dem schönen Geesthacht an der Elbe. Im WS 2010/11 habe ich ein WiWi-Fernstudium an der Fernuni-Hagen begonnen - Und bereits nach 18 Monaten erfolgreich abgebrochen. Die Gründe: Eine voreilige Entscheidung, berufliche Veränderungen und die Einsicht, dass nicht jeder der geborene Fernstudent ist. In meinem Blog berichte ich über persönliche Erfahrungen, Eindrücke, Probleme und Fragen aus meiner Fernstudienzeit, sowie allgemeine Informationen und News rund um das Thema Fernstudium und wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge. Mein Ziel ist es, Studieninteressierte bei ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen, damit das Projekt Fernstudium auch ein nachhaltiger Erfolg wird.

10 Kommentare zu "Fernstudium und Arbeitgeber"

  1. Hallo Alicia,

    interessantes Thema, das Du hier anschneidest. Für mich als Selbstständigen stellt sich das Problem ja gar nicht (dafür viele andere, die Angestellte so nicht haben). Kann mir aber schon vorstellen, dass Arbeitgeber das durchaus sehr unterschiedlich sehen können. In der Regel, solange es keine Beeinträchtigungen im Job gibt, sollte ein Fernstudium neben dem Beruf aber kein Problem für den Arbeitgeber sein.
    Bei Dir sicher auch nicht, wenn Dein Chef es anscheinend sogar toleriert, dass Du von Arbeit aus bloggst und twitterst 😉

    Viele Grüße und viel Erfolg mit dem Studium
    Christian

  2. Hey Christian,

    danke für deinen Kommentar! Ja, selbstständig zu sein hat in dem Sinne einen gewissen Vorteil.

    Ich finde es daher immer wichtig, offen mit dem Fernstudium umzugehen und auch das offene Gespräch mit dem Chef zu suchen. Mein Chef steht im Bezug auf das Fernstudium voll hinter mir und darüber bin ich auch sehr froh! Schließlich kommt die Weiterbildung seiner Mitarbeiter auch dem Unternehmen zugute.

    Wenn man sich für ein Fernstudium entscheidet, sollte man auch voll und ganz hinter dieser Entscheidung zu stehen und weder vor Kollegen, noch dem Chef Bedenken oder Ängste haben. Man tut es in erster Linie für sich selbst.

    Jedoch stimme ich dir auch in dem Punkt zu, dass die Arbeit darunter nicht leiden darf. Auch das muss offen mit dem Arbeitgeber besprochen werden, schließlich gehen viele Abende und Wochenenden zum Lernen drauf. Man sollte daher gut abschätzen, was man sich zumutet. Ich persönlich stehe lieber früher auf oder opfere meine Mittagspause, um meinen Blog mit neuem Inhalt zu füttern. So ist das auch gut unter einen Hut zu bekommen.

    Und ich hoffe, dass meine Urlaubsanträge in der Zeit vor den Prüfungen genehmigt werden, denn den Urlaub werde ich dann sicherlich brauchen 😉

    Viele Grüße,
    Alicia

  3. Hallo Alicia,

    hast Du nicht auch Anspruch auf (bezahlten) Bildungsurlaub. Soweit ich weiß, wären das bis zu 5 Tagen zusätzlich pro Jahr, die man ja immerhin für Seminare oder Prüfungen nutzen kann.

    Auch hier stelle ich es mir zweischneidig vor, danach wird sicher auch nicht jeder Fernstudent fragen, denn hier wird die Arbeit ja tatsächlich ein wenig beeinträchtig. Wobei sich viele dann vielleicht eher einfach „krank“ schreiben lassen.

    Deine Einstellung der Offenheit dem AG gegenüber finde ich dennoch am besten, welcher Chef dafür kein Verständnis hat und nicht die Vorteile sieht, ist vielleicht auch nicht der richtige Chef.

    • Hey Christian,

      cool, bezahlter Bildungsurlaub hört sich gut an 😉 Vielen Dank für den Tipp!

      Ich werde mal meinen Chef darauf ansprechen, mal sehen, was dabei rauskommt. Auf jeden Fall werde ich im Blog darüber berichten!

      Viele Grüße,

      Alicia

      • Hallo Alica,

        schön, dass mein Sprachrohr Artikel Kreise zieht, ich habe auch per e-mail sehr viele Antworten dazu bekommen. Im nächsten Sprachrohr werde ich eine kurze Zusammenfassung dazu schreiben – wenn es Dich interessierst, findest Du die kompletten Antworten auf meiner Community – ich bin grade dabei sie nach und nach reinzustellen, bis Ende nächster Woche dürften alle (22) online sein. Du findest sie hier: http://www.sieseco.de/2010/11/14/vollzeit-oder-teilzeitstudium-geld-oder-zweckfrage/

        Du wirst überrachst sein, wie viele doch erzählen, dass am Arbeitsplatz das Studium gar nciht gerne gesehen wird …

        Und zu einem Punkt aus Deinem Eingangsbeitrag möchte ich gerne noch etwas sagen: Ich finde NICHT, dass die „Zwangs“vereinbarung mehrerer „Baustellen“ der einzige Grund ist, der für ein Fernstudium spricht. Ich z.B. habe ein Vollzeitstipendium und könnte problemlos auch an einer Präsenzuni studieren – ich will es aber gar nicht. Die Flexibilität und das selbstgesteuerte Lernen an der FernUni würde ich für nichts gegen ein Präsenzstudium nach Studenplan eintauschen!

        Ich würde mich übrigens sehr freuen, wenn Du Deinen Beitrag auch als Kommentar auf meiner community-Seite einstellen würdest!

        Liebe Grüße und weiter viel Erfolg!

        Sabine

        • Hallo Sabine,

          vielen Dank für deinen Kommentar! Die Resonanz auf deinen Artikel im Sprachrohr, sowie auf deinen neusten Blog-Artikel ist ja enorm!

          Ich glaube, dass das Thema noch genügend Futter bietet und musste meine Meinung zum Thema „Fernstudium und Arbeitgeber“ nach zwei Monaten als Fernstudentin ehrlich gesagt auch etwas revidieren. Ich habe sie als Kommentar auf deinen Blogartikel gepostet und freue mich schon auf die nächste Sprachrohr-Ausgabe!

          Viele Grüße,

          Alicia

  4. Hallo,

    wie sieht es eigentlich so mit deiner Freizeit aus? Kannst du eigentlich noch regelmäßig Sport oder so machen?

    • Hallo Bernd,

      die Freizeit ist zwar knapp bemessen, aber ich versuche noch regelmäßig zum Sport zu gehen. Zurzeit habe ich zwar ein kleines Tief, das mag aber auch am Wintereinbruch liegen ;).

      Sport ist mir jedenfalls sehr wichtig, das brauche ich zum Ausgleich. In der Woche bleibt da zum Lernen nicht viel Zeit. Ich lerne daher auch in der U-Bahn und evtl. auch Abends, wenn ich nicht allzu müde bin.

      Für effektive Lerneinheiten bleibt eigentlich nur das Wochenende. Wenn man schon morgens anfängt zu lernen, kann man am späten Nachmittag auch noch ein bisschen Freizeit einplanen.

      Viele Grüße,

      Alicia

  5. Ich studiere zurzeit nehmlich BWL im Verbund und muss wohl feststellen das ich so ca. 20 st. in der Woche einplanen muss fürs lernen. Denn Sport habe ich aufs Wochenende verlaget und einen Tag in der Woche, denn mir ist das zu gefährlich alles nur aufs Wochenede mit dem Lernen zu fokussieren.

    • Hi Bernd,

      ja, alles auf´s WE zu vertagen, ist wirklich riskant, falls mal etwas dazwischenkommt. Da ich ca. 6x/Woche zum Sport gehe, muss ich die Zeit schon gut einteilen, um alles unter einen Hut zu bekommen. Abends nach Arbeit + Sport bleibt da meist nur etwas 1 Std. zum Lernen. Auf dem Weg zur Arbeit habe ich mir jetzt auch angewöhnt noch in der U-Bahn zu lernen (ca. 30 Minuten).

      An den Wochenenden versuche ich mir, nichts zeitraubendes vorzunehmen und konzentriere mich da auf´s Lernen. Mit Ausgehen und Party ist daher nicht viel….. Dafür ist die freie Zeit einfach zu wichtig.

      Insgesamt ist ein nebenberufliches Fernstudium zeitraubend und eine bessere praktische Übung in Zeitmanagement kann ich mir echt kaum vorstellen… auch wenn es mich oftmals vor große Herausforderungen stellt.

      Viele Grüße,

      Alicia

Hinterlasse einen Kommentar

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*